Smart Metering: Kinders, geht einpacken!

Inhaltsverzeichnis

3.3 Kosten

 

1. Vorwort Inhalt

Länger schon hat’s hier keinen neuen Artikel gegeben, es lebe die Sommerpause. Zeit wird’s, sich einmal mit einem neuen Thema zu beschäftigen, und dank des interessanten Arbeitsumfeldes fiel die Wahl auf einen Komplex der Energiebranche.

Seit geraumer Zeit ist der Begriff des Smart Metering, insbesondere durch die „intelligenten“ Stromzähler, in Mancher Munde. Sollen mit diesen neuen Zählern im Haushalt doch Strom- und Gasverbrauch zunächst einmal übersichtlich nach Tageszeit und später, sofern die Technik mitspielt, auch nach Gerät im Haushalt (durch Messung der Back-EMF und Aufbau eines charakteristischen Frequenzprofils) aufgezeichnet und dagestellt werden, so könnten in einer weiteren Schritt diese auch an den Energielieferanten zur Auswertung weitergereicht werden.

Bis hierhin eventuell nur ein Nice-To-Have,  vor allem, wenn der Endkunde den Krempel zahlen müßte, so gewinnt diese Technik doch an Bedeutung, wenn man unseren vier großen Stromern Glauben schenken mag. Die haben sich nämlich ein paar super Anwendungsfelder und -Fälle für obige Technik aus den Fingern gesaugt.

Doch halt, worum geht es?

2. Hintergrund Inhalt

Nun, zunächst einmal scheint der regenerative Anteil an der Stromerzeugung (nicht Energieverbrauch insgesamt!) stets zu steigen. Er ist zwar immer noch gering, aber am wachsen. Natürlich eine gute Sache, ist in diesem Falle doch die Sonne der Energielieferant, der wohl noch ein bißchen länger liefern wird als Uranminen im Ausland ihr rohes Erz preisgeben.

Die Sache hat einen winzigen Nachteil (glaubt man den vier Größen…Großen), denn regenerative Stromerzeugung  sei unberechenbar:

  • Strom aus Solarzellen gibt’s überhaupt nur bei Tag und Sonnenschein.
  • Strom aus Wind kommt vollkommen ungelegen, eventuell auch nachts um 3.
  • Strom Wasserkraft scheint verläßlicher zu sein, sie nimmt den größten Anteil ein.
  • Und bei Biogasanlagen („Biomasse“) scheint es keine belastbaren Angaben zu geben.

Der geübte Leser wird feststellen, dass eigentlich nur die wind-basierte Stromerzeugung gewisse Ausfallrisiken birgt, Daten über die Konstanz der Stromlieferung von Windanlagen (die größten stehen in unseren See-Küstenbereichen, wohlbemerkt) habe ich keine gefunden. Daten über die Anteile der jeweiligen Erzeugungsarten schon (Link, sehr interessante Lektüre übrigens auch so).

Nachdem nun die aktuelle Bundesregierung einen Kernenergie-Ausstieg vom Ausstieg und dessen Ausstieg (oder so ähnlich) mit sich selbst vereinbart hatte (*kewl* by the way, Frau Merkel im Gespräch mit sich selbst, das würd‘ ich wirklich gerne sehen =) ), malte man schnell den Teufel der überlasteten Netze und der ungenügenden Stromversorgung an die Wand. Wie schon im anderen Artikel zum Thema Kernenergie diskutiert, ist zumindest das Argument der fehlenden Stromversorgung kein wirkliches.

Und schaut man einmal auf diese Tabelle, so wird einem Angst und Bange (oder man nimmt es als Motivation, EON-Aktien zu kaufen). Von 2008 auf 2009 knapp 10% weniger GWh Strom abgesetzt und den Erlös (meine Interpretation: „Gewinn“) um 10% erhöht im Schnitt… Soviel zum Thema Entmonopolisieren. Egal, darum geht’s nicht.

Das Thema ist ein anderes: Ein paar schlaue Herren sind auf die Idee gekommen, doch innerhäusliche Verbraucher genau dann einzuschalten, wenn grade viel Strom verfügbar ist, in den Medien: Wenn gerade Wind weht (siehe oben), in den Köpfen: Wenn wir ihn gerade billig einkaufen können als Reststrommenge.

Dafür ist die Kooperation der Endverbaucher nötig: Sie müssen einen kompatiblen Energiezähler anschaffen und Geräte (oder Steckdosen), die sich entsprechend schalten lassen. Geködert werden im wahrsten Sinne des Wortes sollen sie durch eine „Ersparnis“ auf der jährlichen Stromrechnung. Der Energieversorger also teilt den Verbrauchern mit, wann Strom günstig ist, und z.B. Kühlschränke nutzen dann den preiswerteren Tarif.

Vorteile:

  • Netze werden entlastet und müssen noch nicht ausgebaut werden
  • Verbraucher zahlen weniger

Nachteile:

  • Anschaffung bleibt großteils beim Verbraucher hängen (vor allem bei Nachrüstung)
  • Gläserner Kunde: Im Prinzip könnte der Energielieferant für jeden Kunden automatisch individuelle Tarife erstellen, die -ein Schelm wer Böses denkt- entsprechend dem Lastprofil eines Anwesens maximalen Gewinn versprechen.
  • Preisanpassung nach oben bei Überlastung des Gesamtnetzes.
  • Benachteiligung von Familien und älteren Menschen (diese Personengruppe wäscht eher nicht um 3 in der Nacht).

3. Beispiel-Rechnung Inhalt

Dann laßt uns einmal rechnen, was ein End-Verbraucher heute so sparen kann.

3.1 Geräte Inhalt

Nehmen wir einmal an, in einem Haushalt existieren die folgenden modernen Geräte:

  • Waschmaschine (6kg): verbraucht 1,02 kWh pro Waschgang, 224,4 kWh geschätzt im Jahr für 220 Waschgänge (Quelle)
  • Kühl-/Gefrierkombination (A++, 200l):  250 kWh geschätzt im Jahr (Quelle)
  • Spülmaschine (A++): 1,2 kWh pro Spülgang, 264 kWh geschätzt im Jahr für 220 Waschgänge (Quelle)

Damit erhalten wir 224,4 + 250 + 264 = 738,4 kWh pro Jahr an Verbrauch für diese Geräte.

3.2 Ersparnis Inhalt

Nehmen wir weiterhin an, für eine ausreichende Motivation zum dynamischen Starten der jeweiligen Vorgänge (Waschen, Kühlen, Spülen) möchte das Energieunternehmen mit Preisreduktion auf die jeweilige Kilowattstunde sorgen und nehmen wir an, jedes Gerät von oben beachtet immer die aktuellen Einschaltphasen mit dem günstigen Strom. Lassen wir somit die Ersparnis bei 5 cent = 0,05 EUR pro kWh liegen.

Mit unserer obigen Rechnung erhalten wir eine Ersparnis von ganzen 738,4 * 0,05 EUR = 36,92 EUR pro Jahr.

3.3 Kosten Inhalt

Nun gibt’s diese Smart Meter nicht umsonst. Die Stadtwerke Bochum etwa wollen dafür einmalig 99,00 EUR + ~5,00 EUR/Monat (60 EUR / Jahr) bekommen. Ganz zu schweigen davon, dass man damit nur den Verbrauch sehen kann, von Ein-/Ausschalten ist hier noch nicht die Rede.

3.4 Kinders, einpacken! Inhalt

  • Die Bereitschaft einzuschätzen der Menschen, sich neue Technik nur aufgrund dieser Peanuts anzuschaffen, überlasse ich dem geschätzten Leser.
  • 60 EUR Kosten pro Jahr und 36 EUR Ersparnis: -.- (Kein Kommentar).
  • 5 cent / kWh an Preis-Reduktion erscheint mir sehr unrealistisch hoch.
  • Geräte verbrauchen ja nicht weniger, der Verbrauch wird nur ein bißchen günstiger.

4. Fazit Inhalt

Ganz ehrlich: Die vorige Rechnung sollte eindrucksvoll demonstriert haben, daß das Argument dem Sparen absolute Augenwischerei ist und sich für einen Großteil der Bevölkerung nicht wirklich rechnet. Und ob wirklich alle Hersteller von Elektrogeräten einmal mitziehen werden und Remote-Controls in ihre Teile montieren, das sei einmal dahingestellt.

Meiner Meinung nach läuft es wieder auf das alte Engineering-Lemma zurück: Schritt eins einer jeden Lösung ist das Erkennen des Problems oder der Fragestellung. Ich frage in den Raum: Welches Problem haben wir eigentlich derzeit beim Endverbraucher, das es zu lösen gilt?!

Ein Kommentar zu “Smart Metering: Kinders, geht einpacken!”

1.   Kommentar von Juppjupp
Erstellt am 13. November 2016 um 13:04 Uhr.

Hallo,

grundsätzlich bin ich bei Dir. Vielleicht noch einige ergänzende Aspekte.

  • Dummerweise muss man Netze, also Kabel, in erster Linie nach der Leistung dimensionieren – nicht nach der übertragenen Energie. Und das ist die zu erwartende maximale Leistung in einem ungünstigen Fall.
    Das gilt in erster Linie für die Verteilungsnetze von Niederspannung bis teilweise 110kV. Von diesen Netzen haben wir ca. 1,5 Mio. km. Die Höchstspannungsnetze um 400kV dienen in erster Linie dem Energeiaustausch oder dem überregionalen Transport, wie z. B. von Nord nach Süd. Da liegen wir im Bereich von 0,040 Mio. km….
    Der Netzausbau wird nur dann ein Thema, wenn ergänzend zu der „heutigen Belastung“ gravierende „Leistungsverbraucher“ dazu kommen, wie z. B. Elektroautos. Und das müsste dann nutzergerecht verteilt werden, oder so. Mit der Waschmaschine hat das nix zu tun.
  • Zur Waschmaschine: Der Leistungsverbrauch über den Tag wird von der Mittagsspitze und der Abendspitze bestimmt, also Kochen, nicht waschen, und damit wird das Netz bestimmt, nicht von der Waschmaschine. Einerseits. Andererseits gibt es auch noch die Bundesimmissionsschutzverordnung BImschV.Es hat zwar jeder das Recht auch außerhalb der Ruhezeiten zu waschen. Die Gerichte urteilen da derzeit eher nach der Notwendigkeit, also z. B. wegen SChichtarbeit und so. Wenn aber plötzlich nachts um 3 in einem Wohnhaus in allen Wohnungen die Waschmaschinen anfangen zu schleudern, haben die Gerichte plötzlich bestimmt viel zu tun… 🙂
  • Aber technisch nicht uninteressant. Damit kann man viele Leute beschäftigen. Und die müssen alle nicht zum Arbeitsamt.
  • Zu der regenerativen Energieerzeugung , die nicht auf rotierenden Massen beruht: Für ein stabiles Netz braucht man einerseits einen stabilen Sinus (Oberwellen). Da das Netz an sich keine Speicherfähigkeit aus sich selbst heraus hat, braucht man zur Aufrechterhaltung der Stabilität u. a. ein erhebliches Maß an „Sofortreserve“, und das lässt sich nur mit rotierenden Massen bereitstellen, also rotierenden Generatoren. Die hat PV nicht. WKA ja, aber die gehen auch über Stromrichter. Außerdem produzieren die bei jedem Durchgang des Blattes vor dem Mast eine Leistungsdelle, was wiederum von den rotierenden aufgefangen werden muss.
  • Es beleibt dabei: In der „Füsik“ bekommt man nichts geschenkt, man muss für alles teuer bezahlen. Und die Ökölogie bleibt bei einer geamtheitlichen Betrachtung meist auf der Strecke. So wie bei den Elektroautos. Dennoch haben die eine tolle Performance…

Gruß Josef

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