Gute Gründe für die PKW-Maut!?
Meine Fresse, selten habe ich mich beim Lesen in einem rennomierten Onlinemagazin derartig geärgert. Es handelt sich um den Zeit-Online-Artikel „Gute Gründe für eine PKW-Maut„, in welchem Herr Markus Horeld, „Ressortleiter für Politk“ bei Zeit-Online, einen Text zum Besten gibt, der -sofern ernst gemeint- meiner Meinung nach in, ja einfach Dummheit nur schwer von Boulevardblättern übertroffen werden kann.
Herr Horeld, ich nehme einmal an, dass die Bundesregierung den Text bei Ihnen käuflich platziert hat oder Sie einen kläglichen Versuch der Ironie wagen mochten. Ihre Formulierung der ersten Absätze läßt mich auf Ersteres hoffen; Ihr Arbeitgeber hätte wenigstens etwas verdient. Lassen Sie mich Ihren Ausführungen widersprechen.
Vorne weg: Eine PKW-Maut ist zu verhindern. Unter allen Umständen. Gründe folgen im Kommentar.
Ich darf Sie zitieren:
Leider gibt es dieses Denkverbot. Schon als vor neun Jahren eine ähnliche Kommission der rot-grünen Bundesregierung empfahl, eine fahrleistungsabhängige Straßennutzungsgebühr zu erheben, schritten Medien und Autokanzler Gerhard Schröder energisch dazwischen. Über Möglichkeiten, die KFZ- oder Mineralölsteuer durch eine Maut zu ersetzen wurde nicht länger ernsthaft nachgedacht.
Auf’s wesentliche reduziert:
- Straßennutzungsgebühr
- Ausgleich durch KFZ-Steuer(senkung?)
- Senken(?) der Mineralölsteuer
Zum ersten Punkt sei sicher anzumerken, dass es vorerst „nur“ die Autobahnen treffen würde. Wann denn bei Landstraßen?
Ausgleich durch KFZ-Steuersenkung? Wie möchten Sie das denn anstellen? Würde sie variabel je nach gefahrener Kilometerleistung gesenkt? Wer zählt die Kilometer? Wird die gesamte Maut erstattet? Wie lange bleibt die Regelung erhalten? Wer garantiert, dass die amtierende Bundesregierung den Ausgleich nicht einstellt?
Den Hahn haben Sie aber mit der Mineralöl- oder Ökosteuersenkung abgeschossen. Was glauben Sie denn, wie lange der Benzinpreis, der jetzt bei ~1,30 EUR liegt, erhalten bliebe, würde die Mineralölsteuer wegfallen? Oh, freilich würde er zunächst fallen, nur wer gibt eine Garantie, dass der Preis niedrig bleibt? Sie? Dass bei Mineralölprodukten auch in Deutschland Preisabsprachen unbestraft getätigt werden, dürfte auch Ihnen inzwischen aufgefallen sein; es ist noch nicht mal nachweisbar, schließlich kauft ja jeder Mineralölkonzren das gleiche Rohöl.
Und mal ganz ehrlich, bevor sich eine einzige Firma aufgrund ihres Monopols am Einzelnen noch weiter bereichert, weiß ich das Geld in Form besagter Steuern lieber in meines Staates Händen. Da kommt’s nämlich allen zugute.
Dabei wären die Vorteile einer solchen Regelung enorm. Natürlich würde der Staat davon profitieren, denn Maut-Einnahmen sind viel besser zu prognostizieren als eine von schwankenden Spritpreisen und sinkenden Verbrauchswerten abhängige Mineralölsteuer. Endlich würden zudem wirklich alle Autofahrer für die Straßennutzung zur Kasse gebeten, auch solche, die Deutschland mit vollem Tank als Transitland benutzen. In den grenznahen Regionen würde der leidige Tanktourismus obsolet, und damit auch die absurde Logik, dass tausendfach Autos nur deshalb kilometerweit bewegt werden, weil hinter der Grenze ein paar Cent pro Liter gespart werden können. Nicht nur deshalb wäre die Maut auch ein Beitrag zum Klimaschutz: unnötige Fahrten würden deutlich weniger.
Weiter im Text:
- Vorteil: Bessere Kalulation mit fixen Einnahmen
- Alle Autofahrer werden zur Kasse gebeten
- „Leidiger Tanktourismus“ wird obsolet
- „Ein paar Cent pro Liter“
- „Beitrag zum Klimaschutz“
Wahnsinn, dass Sie sich sowas als gestandener Redakteur erlauben dürfen. Im ersten Punkt stimme ich Ihnen zu. Besser Kalkulierbar wäre das. Muss jetzt etwa der einfache Bürger das Rechnungswesen seines Staates bezahlen?
Zum zweiten Punkt kann ich Ihnen auch zustimmen. Es werden wirklich alle zur Kasse gebeten, selbst jene, die sowieso schon am Existenzminimum leben und als Pendler auf ihr Auto angewiesen sind. Und ob wir von den paar Italienern und Österreichern wirklich reich werden, das wage ich zu bezweifeln. Ich würde Deutschland nicht als Transitland für PKW-Verkehr bezeichnen, habe dafür aber keine Zahlen. Sie auch nicht!
Die absolut dumme Aussage, dass der Tanktourismus obsolet wird, erklären Sie nicht; sie steht einfach im Raum. Leute fahren ins Nachbarland zum Tanken, wenn dort der zu bezahlende Preis wesentlich geringer ist als vor der Haustür. Es betrifft zum einen nur die Grenzregionen der Republik, zum anderen ist es wirklich jedermans Recht, Geld zu sparen. Dass es praktiziert wird, halte ich eher für Versagen der Politik bei der Liberalisierung der Energiemärkte.
Die paar Cent summieren sich bei 20 Cent pro Liter und 60 Liter Tankinhalt auf gute 12 EUR pro Tankausflug. Was bei 2,5 mal Tanken im Monat und 12 Monaten gut 360 EUR im Jahr spart; wahrscheinlich ist das Gehalt der Zeit so gut, dass solche Beträge wirklich zu Peanuts verkommen. Ach, könnte das doch nur jeder von sich sagen…
Die von mir subjektiv empfundene Lächerlichkeit des letzten Argumentes verhindert eine ernsthafte Argumentation. Ich würde es in Richtung Zahlen versuchen, wieviel CO2 denn eingespart würde, gesetzt den Fall, der Tanktourismus könnte tatsächlich unterbunden werden, und würde argumentieren, dass es wohl nicht viel sei und sich die Politik besser um leer fliegende Passagiermaschinen und halbvolle LKW von Rom nach Hamburg kümmern sollte.
Eines ist völlig klar: Eine Maut kann und darf nur eingeführt werden, wenn sie gerecht ist. Das wäre sie nicht, wenn die KFZ- oder die Mineralölsteuer im Gegenzug nicht gesenkt oder gar abgeschafft würden. Eine Maut darf auch nur dann auf den Weg gebracht werden, wenn klar ist, wohin die Einnahmen fließen. Und der Staat darf eine kilometerbezogene Maut nicht dazu nutzen, Bewegungsprofile der Fahrer zu erstellen, um die Bevölkerung auszuspähen.
Oh, sehr gut. Ihre Klarheit hätte ich auch gerne; würde vieles einfacher machen im Leben. „Abschaffung“ von KFZ-Steuer und sonstigen Steuern auf Mineralölprodukte haben wir oben ja schon besprochen. Und Sie haben Recht, ich wüßte auch gerne, wohin meine Steuereinnahmen fließen; wird aber nicht passieren. Oha, und bitte ausspähen ist auch nicht gut, oder wie? Ich muss Sie an der Stelle einfach fragen, ob Sie Ihre eigene oder eine andere Zeitung überhaupt lesen, oder ob Sie nur Schreibzugriff haben. Macht zumindest den Eindruck, ich könnte Ihnen ansonsten einmal die Lektüre Ihrer eigenen Digital-Rubrik empfehlen.
Es wird höchste Zeit, dass in Deutschland das Kartell der Denkverbieter und Reflexschreiber gebrochen wird.
Ich bitte da auch inständig drum, bei jeder Bundestagsdebatte, die ich mir nachzuverfolgen die Zeit nehme. Den Punkt zum Reflexschreiben möchten Sie sich vielleicht selbst zu Herzen nehmen.
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